Hartz IV
Ramelow (PDS) gestern in Jena
Ramelow (PDS) gestern in Jena

"Es besteht in der Bevölkerung ein akutes Informationsdefizit. Die daraus entstehenden Ängste und Sorgen machen sich Populisten zu Nutze.", konstatierte heute der FDP-Landesvorsitzende Uwe Barth angesichts der jüngsten Demonstrationen gegen Hartz IV. Nach Barths Ansicht glauben viele Menschen gerade in Ostdeutschland, dass sie mit Beginn 2005 direkt in der Armut landen. "Diese Ängste sind nachvollziehbar, aber unberechtigt. Sie beruhen auf einem großen Informationsdefizit, welches Irrtümer zur Folge hat.", so Barth.

Er verwies darauf, dass die theoretischen Belastungen in der Realität meist weit minder ausfallen. Als "klassisches Beispiel" nannte Barth "die Mär von den Ein-Euro-Jobs." Generell sei künftig zwar jede Arbeit zumutbar, allerdings dürfe der Lohn nicht unter 30 Prozent des Branchenniveaus liegen. "Dann nämlich ist der Arbeitsvertrag sittenwidrig und damit nichtig.", so Barth.

"Realitätsfern und unverantwortlich" nannte Barth die Argumentation einiger Politiker und Funktionäre, die von "moderner Sklaverei" sprechen. "Entweder fehlt einfach das Wissen darum, wie der Arbeitsmarkt und die Wirtschaft funktionieren, oder es wird verantwortungslos bewusst unsachliche Polemik betrieben." So seien Arbeitgeber an unmotivierten Arbeitnehmern nicht interessiert. Die Arbeitsagenturen würden Anbieter rarer Stellen mit unwilligen Bewerbern auch nicht vergraulen wollen. Darüber hinaus habe die Wirtschaft selten Interesse daran, Stellen mit überqualifizierten Arbeitnehmern zu besetzen. "Diese kündigen bei besseren Jobangeboten ihre Stelle. Den Pianisten auf dem Bau oder den Ex-Betriebschef am Bratwurststand wird es kaum geben."

Montagsdemonstrationen, an deren Spitze sich die PDS setze, bezeichnete Barth als "zynisch". Scharfe Kritik übte er dabei an PDS-Fraktionschef Bodo Ramelow. Dieser steigere sich mittlerweile in eine unverantwortliche "Friede den Hütten, Krieg den Palästen"-Rhetorik.

Weitere Informationsdefizite würde es bei den populistisch aufgemachten Problemen um "Kindersparbücher", "Massenumzüge" oder "Januarlücke" geben. Die entstandenen Irrtümer habe allerdings Rot-Grün in Berlin zu verantworten. Die Vermittlung von Hartz IV, aber auch die Vorbereitung seien "höchst dilettantisch" verlaufen. Von Transparenz und ordentlicher Öffentlichkeitsarbeit in diesem sensiblen Bereich könne kaum die Rede sein. "Wolfgang Clement reagierte trotzig und verhärmt, vom Kanzler, dem zuständigen Aufbau-Ost-Versager Manfred Stolpe bis hin zu den sonst wortgewaltigen Grünen ist gar nichts zu vernehmen." Dies sei fatal, so Barth, der auch den Wirbel um die Antragsformulare kritisierte.

Die Westberater mit Buschzulage seien nur das letzte Glied in einer langen Kette handwerklicher Fehlleistungen, die viel unnötige Angst bei den Betroffenen verursachen. "Was wäre denn, wenn alle Antragsberechtigten ihre Anträge tatsächlich rechtzeitig abgeben würden? Es darf bezweifelt werden, dass die Arbeitsagenturen die Antragsflut überhaupt rechtzeitig bearbeiten könnten." Barth verwies auf den Aufwand, mit dem die Umbenennung der Arbeitsämter in "Agenturen" betrieben worden sei. "Da ist nicht ein Arbeitsplatz mehr entstanden, es wurden aber Mittel und Ressourcen verschleudert, die bei der Vorbereitung von Hartz IV dringend gebraucht worden wären."

Die Bundesregierung habe damit eine ordentliche Steilvorlage für Linkspopulisten al á PDS und Lafontaine geliefert. Gerade im Osten bediene sich die PDS der Klischees des unsozialen Kapitalismus, die sie als SED bereits verbreitet habe.

Barth erinnerte abschließend die Oppositionsparteien im Deutschen Bundestag daran, dass sie einst Hartz IV als "Schritt in die richtige Richtung, aber nicht weit genug gehend" bezeichneten. Forderungen, Hartz IV zu verschieben, erteilte er eine klare Absage. "Die Reformen sind nötig, trotz aller handwerklichen Unzulänglichkeiten." Deutschland müsse reformiert werden. Angesichts leerer Kassen, hoher Arbeitslosigkeit und lähmender Wirtschaftsflaute seien Veränderungen zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit notwendig, appellierte Barth an alle Parteien.