Interview für das Freie Wort (07.03.2012)

Erfurt. Thüringens FDP-Generalsekretär und Bundestagsabgeordnete Patrick KURTH gab dem "Freies Wort" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Eike Kellermann.


Frage: Herr Kurth, ist Ihre Partei noch im Taumel der Glückseligkeit, weil sie Joachim Gauck als Bundespräsidenten-Kandidaten durchgesetzt hat?

KURTH: Wir haben einen sehr guten Kandidaten durchgesetzt. Beim vorigen Mal haben wir den Vorschlag der Union mitgetragen, jetzt war es umgekehrt. Ich denke, er wird ein Präsident für alle Deutschen sein.

Frage: Bleiben Wunden wegen der Nominierung Gaucks bei Schwarz-Gelb zurück?

KURTH: Das kann ich nicht erkennen. In einer Koalition gibt es immer Reibereien. Das kennt man auch aus Thüringen. Aber die schwarz-gelbe Koalition arbeitet gut und ist auch in Anbetracht der europäischen Probleme die richtige Regierung.

Frage: Außer Gauck hat die FDP im Moment nicht viel zu feiern. Befürchten Sie das Schlimmste für die Kommunalwahl im April in Thüringen?

KURTH: Die FDP war in Thüringen auch dann kommunal stark, wenn es ihr auf Landesebene nicht so gut ging. Das Vertrauen wird in die Parteifreunde vor Ort gesetzt. Das wollen wir fortsetzen.

Frage: In der vorbildlich geführten Gemeinde Floh-Seligenthal in Südthüringen regierte lange der FDP-Mann Peter Fräbel. Nun hört er auf: Ist das nicht bezeichnend für die Lage der Liberalen?

KURTH: Peter Fräbel hat mehr als zwei Jahrzehnte eine Gemeinde genau nach liberalen Grundsätzen geführt. Sie ist schuldenfrei, bietet kostenfreie Kindergartenplätze an, hat mehr Arbeitnehmer als Einwohner. Das ist liberale Politik vor Ort. Ich finde es gut, wenn jemand nach so langer Zeit die Gemeinde an einen Nachfolger übergibt. Wir hoffen sehr, dass es unser Kandidat Enrico Eberhardt sein wird.

Frage: Wo hat Ihre Partei noch Aussicht auf einen Bürgermeister-Posten?

KURTH: Bad Langensalza soll weiterhin FDP-geführt bleiben. Wir rechnen uns auch gute Chancen in Rastenberg aus.

Frage: Aber können sie überhaupt noch flächendeckend antreten?

KURTH: Die FDP ist flächendeckend vertreten, weil wir in allen Kreistagen sitzen. Wo wir nicht selbst antreten, unterstützen wir Kandidaten der Union oder Amtsinhaber. Das ist beispielsweise in Suhl der Fall, wo wir den jetzigen Oberbürgermeister Jens Triebel schon 2006 unterstützt haben.

Frage: In Gotha stellt sich die FDP hinter den CDU-Landrat, in Gera haben sie eine gemeinsame Kandidatin mit der CDU: Können die Liberalen nur mit den Christdemokraten?

KURTH: Die CDU ist an unserer Politik am dichtesten dran, aber sie macht nicht unsere Politik. Deshalb treten wir etwa in Erfurt und Jena mit eigenen Kandidaten an. Wir unterstützen dort die Union, wo es die Parteifreunde vor Ort entschieden haben. Oft gibt es eine Koalition in den Kreistagen. Da wäre es unsinnig, wenn man Kandidaten gegeneinander aufstellt. Man muss man mit geballter Schlagkraft vorgehen. Unser Ziel ist: Bürgerliche Mehrheiten sichern und keine linken Kandidaten durchlassen.

Frage: Hat die Landespartei noch genug Geld, um die Wahlkämpfer in Gemeinden und Landkreisen zu unterstützen?

KURTH: Die Verantwortung für den Wahlkampf liegt vor Ort, da lässt sich auch niemand hineinreden. Der Landesverband sorgt aber dafür, dass wir die Kreisverbände stärker unterstützen, die mit eigenem Kandidaten antreten.

Frage: Noch einmal zurück zur Bundespolitik: Warum geht es der FDP, einer Partei, die Deutschland über Jahrzehnte geprägt hat, heute so schlecht?

KURTH: Die FDP hat bei der Bundestagswahl 2009 große Erwartungen geweckt, die nicht sofort erfüllt wurden. Deshalb ist die Enttäuschung über die Koalition so groß, was vor allem an der FDP hängen bleibt. Von der großen Koalition hat beispielsweise keiner viel erwartet, weshalb man sich über selbst kleinste Ergebnisse freute. Andererseits gibt es heute auch ein sehr modernes Wahlverhalten. Kein Wähler ist mehr "von der Wiege bis zur Bahre" an eine Partei gebunden. Davon haben wir 2009 profitiert, im Moment aber nicht mehr. Wichtig ist, dass wir bis zum nächsten Wahltag die FDP wieder stark machen.

Frage: Gerade Bürgerrechte waren das große Thema der FDP. Auf diesem Gebiet, zumindest im Internet, ist nun die Piratenpartei aktiv. Sind das die neuen Liberalen?

KURTH: Nein. Die Piraten sind auf ein Medium fokussiert. Sie sind auch eine Protestpartei, die den etablierten Parteien die gelbe Karte zeigt. In Berlin haben die Piraten aber eine glatte Bauchlandung hingelegt. Sie haben in einem halben Jahr zwei Anträge zustande bekommen, sie streiten sich und verschwenden Steuergelder. Und beim Internet sagen sie, dass alles so bleiben soll, wie es bisher ist - also ohne genaue Urheberrechte, ohne Regelungen für den Schutz von Inhalten. Wenn das der Öffentlichkeit bewusst wird, wird es auch ein Erwachen über die Piraten geben.

Frage: Sind die Piraten demnach nur eine Eintagsfliege?

KURTH: Solche Parteien gab es immer wieder. Sie waren plötzlich da, weil sie ein Sicherheitsinteresse bedienten oder die Sehnsucht nach heimeliger Heimat. Sie waren aber auch genauso schnell wieder verschwunden.

Frage: Die FDP hatte immer Probleme, wenn sie in Berlin regierte. Wäre es nicht das Beste, wenn sie sich in der Opposition erholen und erneuern würde?

KURTH: Jede Regierung im Bund hat meist Probleme in den Ländern. Das war bei Rot-Grün nicht anders. Wichtig ist, dass wir dem Mittelständler, den Menschen, die jeden Tag arbeiten, deutlich machen, dass die FDP die Partei ist, die für sie einsteht. Auch dann, wenn es um Freiheitsrechte geht, also darum, dass ich mir nicht vorschreiben lasse, wie ich meine Familie ernähre und mein Leben führe. Da haben wir unwahrscheinlich viel Potenzial, weil sich alle anderen Parteien davon wegbewegt haben.


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08.03.2012 Pressestelle