Landtagswahl

TLZ, 2. Februar 2007, S.1:

"Jeden freien Euro in Forschung stecken"
Thüringer FDP sieht hier große Defizite

Weimar. (tlz/mar) Thüringen muss sein Forschungs- und Wissenspotenzial besser nutzen. Insbesondere die Zusammenarbeit zwischen kleinen und mittleren Unternehmen und den Forschungseinrichtungen müsse besser werden, forderte der FDP-Landesvorsitzende Uwe Barth in einem TLZ.Interview. Er riet der Landesregierung, "jeden freien Euro in Forschung zu investieren". Barth ist davon überzeugt, dass die FDP 2009 wieder den Sprung in den Landtag schafft. Dann würden die Liberalen auch bereit stehen, eine rot-rote Landesregierung] zu verhindern, unterstrich der FDP-Chef. Eine absolute Mehrheit der CDU in Thüringen hält er für unmöglich. Und er glaubt auch Signale dafür zu haben, dass das große Kreise in der Union mittlerweile eben so sehen. Der Landesregierung warf Barth vor, derzeit eine zu große Ferne zu Stimmungen und Strömungen in der Bevölkerung zu haben. Das gelte für den Bereich Kultur, aber auch für die Kita-Problematik und das Blindengeld. Punkten will die FDP im Wahlkampf mit klaren Konzepten zu Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung. Barth selbst steht als Spitzenkandidat zur Verfügung. Landesspiegel
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TLZ, Landesspiegel:

"Die einzige bürgerlich Partei"
Die FDP ist von der Rückkehr in den Landtag 2009 überzeugt und will Rot-Rot verhindern

Von Hartmut Kaczmarek
Weimar. (tlz) Die FDP in Thüringen ist fest davon überzeugt, bei den Wahlen 2009 wieder den Sprung in den Landtag zu schaffen. Dann stünde sie auch für die CDU als Koalitionspartner bereit und könnte so im Bündnis mit der Union möglicherweise eine rot-rote Regierung in Thüringen verhindern. Besonderen Schwerpunkt werden die Liberalen auf die Bereiche Wissenschaft, Wirtschaft, Forschung und Bildung legen. Hier sehen sie erhebliche Defizite in der Landespolitik. Das unterstrich der FDP-Landesvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Uwe Barth in einem TLZ-Intervlew.

Die FDP soll Thüringen vor Rot-Rot retten. Das hat der Eisenacher Vorzeige-Unternehmer Michael Militzer im TLZ-lnterview gefordert. Wie wollen Sie das machen?

Für mich stellt sich die Frage zunächst anders herum: Was können und was müssen wir verhindern? Was steht zu befürchten, wenn es in Thüringen zu Rot-Rot kommt? Blicken wir doch mal in die Länder, in denen Rot-Rot regiert. In Berlin ist die Linkspartei zunächst damit auffällig geworden, dass ihr Aushängeschild Gysi schnell das Weite gesucht hat. Und in Mecklenburg-Vorpommern hat es eine Reihe von skandalträchtigen Geschichten um den dortigen Spitzenmann gegeben. Für die Hartz-IV-Empfänger oder die Arbeitslosen sind diese
Länder gewiss nicht die Bundesländer, in denen Milch und Honig fließen.

Aber die Leute laufen doch nicht in Scharen bei Rot-Rot weg?

Sicher nicht. Aber es kommen auch so gut wie keine neuen dazu. Das heißt, die Netzwerke, die sich bilden, haben keine Chance verstärkt zu werden.

Hat nicht Rot-Rot einen Teil seines Schreckens verloren?

Gefühlsmäßig vielleicht. Aber hier sehe ich die große Gefahr. Lassen Sie es mich mit der Gesundheit vergleichen: So lange man gesund ist, glaubt man, viele unvernünftige Dinge tun zu können. Was man alles verkehrt macht, wird einem erst bewusst, wenn man krank wird. Das Problem ist hier genauso: Einmal zum Arzt gehen reicht nicht, wenn Rot-Rot erst eingetreten ist. Das muss man dann mindestens eine Legislaturperiode erdulden.

Was fürchten Sie denn konkret?

Rot-Rot wird mit Sicherheit erhebliche Auswirkungen auf Neuinvestitionen haben. Die Schwerpunktsetzung der Politik wird auch nicht mittelstandsfreundlich sein. Man muss sich nur die Programme anschauen. Und die Realität sieht doch so aus: Weder Berlin noch Mecklenburg- Vorpommern sind wirtschaftlich besonders hervorgetreten. Sie streiten sich höchstens darum, ob sie arm, aber sexy oder arm und sexy sind. Die kleinen und mittelständischen Betriebe werden die Leidtragenden dieser Politik sein.

Nach jetzigem Stand der Dinge ist es in Thüringen schwierig bis fast unmöglich für die CDU, die absolute Mehrheit wieder zu gewinnen. Also braucht man die FDP...

Das ist mit Sicherheit so. Ich wage die These, dass es auch in der CDU viele gibt, die das so sehen. Die Tatsache, dass Herr Militzer sagt, Thüringen braucht die FDP, um Rot-Rot zu verhindern, zeigt, dass diese Erkenntnis um sich greift. Herr Militzer sitzt ja in vielen CDU-Beratergremien. Ich kann ja verstehen, dass der Ministerpräsident das derzeit nicht laut sagt. Das wäre ein vorgezogenes Eingeständnis einer Niederlage. Gleichwohl finde ich es bemerkenswert, dass entsprechende Signale jetzt kommen, nicht nur von Militzer.

Warum sind die Liberalen ein Korrektiv zur CDU-Politik?

Ich will mir mal den Blick auf die aktuelle Politik verkneifen, weil ich im Interesse der Kulturlandschaft in Thüringen hoffe, dass die Dinge bis 2009 gelöst sind. Ich möchte in die Geschichte zurückschauen. Und da stelle ich fest, dass die Jahre von 1990 bis 1994, die Zeit der CDU/FDP-Koalition, die erfolgreichsten in der Thüringer Geschichte seit der Wende waren. Die Liberalen hatten mit Wirtschaft und Wissenschaft zwei Ressorts besetzt, bei denen ich in der Zukunft auch wesentliche Felder für die Landespolitik sehe, aber auch großen Nachholbedarf.

Aber Thüringen geht's doch eigentlich wirtschaftlich gut.

Auch ich freue mich, dass die Konjunktur endlich angesprungen ist. Aber weder Althaus noch die Bundesregierung können doch etwas dafür, dass vergangenes Jahr die Fußball-WM in Deutschland war, dass die internationale Konjunktur endlich auf Deutschland übergreift und dass wir einen relativ milden Winter haben.

Wo muss Thüringen besser werden?

Insbesondere im Bereich Forschung sehe ich große Chancen in der Zusammenarbeit zwischen Forschungseinrichtungen sowie kleinen und mittleren Unternehmen. Dieser Bereich ist völlig unterbelichtet. Es ist die einzige Chance, die Thüringen hat. Normalerweise müsste man der Landesregierung raten, jeden freien Euro in Forschung zu investieren.

Macht die Landesregierung nicht auch den Fehler, dass sie weit weg ist von dem, was in der Bevölkerung empfunden und diskutiert wird? Ich nenne Kultur, Kita und Blindengeld.

Es geht ja häufig gar nicht um die Frage, wie man etwas entscheidet. Sondern es ist eine Frage der Kommunikation dieser Politik. Nehmen wir den Bereich der Kultur: Hier schickt Althaus seinen "Conan" Goebel los und kümmert sich erkennbar selbst nicht darum. Es ist beim Blindengeld und bei der Familienoffensive ganz offensichtlich, dass unabhängig von den Inhalten hier eine Feme entstanden ist, die auch demokratiepraktisch nicht gut ist.

Also braucht die CDU das urliberale Korrektiv in der Regierung?

Es heißt ja immer, die Liberalen seien die bürgerliche Alternative. Im Bund und im Land stelle ich zunehmend eine Sozialdemokratisierung der CDU fest. Die Liberalen sind deshalb nicht die bürgerliche Alternative zur CDU, sondern die einzige bürgerliche Partei, die es derzeit gibt. Das gilt auch für Thüringen. Wenn man sich Rot-Rot anschaut, dann könnte man sich in Thüringen auch eine Konstellation vorstellen, in der die Linkspartei in dieser Koalition stärker als die SPD wäre.

Also der erste Linkspartei-Ministerpräsident?

Ich will den Kollegen Ramelow nicht berühmt reden. Das kann er selbst hinreichend genug. Die Gefahr besteht aber insbesondere dann, wenn die SPD sich so klar positioniert. wie sie es derzeit tut. Aber selbst ein SPD-Ministerpräsident wäre in einer solchen Konstellation doch völlig eingemauert.

Dann würde sich die SPD vielleicht in eine Große Koalition flüchten?

Eine Große Koalition geht immer. Die Frage ist nur, ob sie von den Beteiligten wirklich gewünscht wird. Und das, was die Große Koalition. derzeit in Berlin hinlegt, spricht. nicht gerade für ein solches Bündnis.

Die Landtagswahlen liegen in zeitlicher Nähe oder vielleicht auch zeitgleich mit den Bundestagswahlen. Erwarten Sie Rückenwind aus der recht guten Lage der Bundes-FDP?

Wenn ich Rückenwind habe, nehme ich den gerne mit. Keine Frage. Aber darauf verlassen kann man sich nicht. Das müssen wir selber machen Und das werden wir hinkriegen.

Mit welchen Themen?

Wissenschaft, Wirtschaft, Forschung, Bildung. An den entsprechenden Konzepten arbeiten wir. In den nächsten anderthalb Jahren werden wir unsere gute Entwicklung weiter verstetigen.

Sie sind fest von einer Rückkehr der FDP in den Landtag überzeugt?

Das steht für mich außer Frage.

Mit dem Spitzenkandidaten Barth?

Wenn die Partei zu der Einschätzung kommt, dass das das Richtige ist, stehe ich für diese Spitzenkandidatur bereit.


03.02.2007 Pressestelle