Europa

Salvinis Bruch der EU-Regeln für nationale Haushalte gefährdet die Stabilität des Euros

Zum Bekanntwerden der Pläne der Europäischen Kommission, am 5. Juni 2019 ein Defizitverfahren gegen Italien zu eröffnen, erklärt der stellvertretende Landesvorsitzende der FDP Thüringen Gerald Ullrich, MdB:

Es ist längst überfällig, dass die Europäische Kommission nun nach der Europawahl endlich ein Defizitverfahren gegen Italien eröffnet. Bereits am 19. Dezember 2018 bei dem Treffen zwischen italienischer Regierung und Euro-Kommissar Dombrovskis war klar, dass Italien den Stabilitäts-und Wachstumspakt im Haushaltsjahr 2019 brechen wird. Bei diesem Treffen erlaubte die Europäische Kommission Italien, das strukturelle Haushaltsdefizit 2019 in der Höhe des Defizits von 2018 zu wiederholen. Damit bricht Italien die EU-Regeln für nationale Haushalte samt dem Stabilitäts- und Wachtumspakt, insbesondere  die vorgeschriebene jährliche Verbesserung des strukturellen Defizits um mindestens 0,5 Prozentpunkte auf dem Weg zum mittelfristigen Haushaltsziel nach Art. 5 Abs. 1 UAbs. 2 S. 1 VO (EG) des Rates Nr. 1466/97 vom 7. Juli 1997 in der Fassung der VO (EU) Nr. 1175/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011, sowie die Empfehlung des Rates vom Juli 2018 an Italien, das strukturelle Defizit sogar um 0,6 Prozentpunkte zu verbessern, was bei EU-Mitgliedstaaten mit unzulässig hohem Schuldenstand laut Art. 5 Abs. 1 UAbs. 2 S. 2 der o.g. VO mindestens vorzusehen ist. Die Europäische Kommission hätte also bereits am 19. Dezember 2018 das Defizitverfahren gegen Italien eröffnen müssen.

Am 9. April 2019 erklärte das italienische Finanzministerium in seinem Documento di Economia e Finanza, dass das Defizit 2019 doch 2,40% statt 2,04% des BIP (wie mit der Europäischen Kommission am 19. Dezember 2018 vereinbart) betragen werde. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte die Europäische Kommission das Defizitverfahren einleiten müssen.

Am 7. Mai 2019 legte die Europäische Kommission die European Economic Spring Forecast vor, in der sie das Defizit des italienischen Staatshaushaltes auf 2,5 Prozent des BIP im Jahr 2019 und 3,5 Prozent im Jahr 2020 berechnet.

Und was tat die Europäische Kommission, als sie zum dritten Mal das Defizitverfahren gegen Italien hätte eröffnen müssen? Nichts.

Dass Salvini direkt nach der Europawahl die Regeln, die die Stabilität des Euros gewährleisten, als "dämlich" bezeichnet, zeigt, dass er sie absichtlich bricht und keine Anstrengungen unternimmt, den Schuldenaufwuchs Italiens zu stoppen.

Dem müssen die Europäische Kommission und die übrigen Euroländer entschieden entgegentreten. Sonst drohen sich die 2000er Jahre zu wiederholen, in denen Euroländer sich zuerst ungestraft nicht an den Stabilitäts- und Wachstumspakt hielten und dann die Staatsschuldenkrise folgte. Dass das Defizitverfahren gegen Italien nicht schon am 19. Dezember 2018 eröffnet wurde, ist der Anfang vom Ende der nach der letzten Krise vielbeschworenen Haushaltsdisziplin. Es ist fatal, dass die Bundesregierung sich seit dem 19. Dezember 2018 bis heute nicht für politisch zuständig hält, der nächsten Krise vorzubeugen, indem sie gegenüber Italien auf die Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes besteht.

28.05.2019