Landesparteitag

Die FDP-Thüringen ist mit der Wahl ihrer Tagungsorten dabei, eine Tradition zu begründen. Nicht in den großen Städten drängt es uns, sondern in die Provinz, in die strukturschwachen Regionen, um die Nähe zu den wirklichen Problemen des Landes zu demonstrieren.

So fügt sich Apolda-Pfiffelbach nahtlos in eine Reihe, die vor knapp einem Jahr 800 Meter unter Tage im Salzbergwerk bei Sondershausen begann und in Kosma (Altenburg) weitergeführt wurde.
Der neu gewählte Kreisvorsitzende Otto Ritzel bedankte sich für diese Präsenz der Landespartei. Gelang es doch, den ansehnlichen Saal des Kongreßzentrums bis auf den letzten Platz zu füllen. Landesvorsitzender Uwe Barth hatte nicht viel Mühe, die 252 Delegierten auf die bevorstehende Programmarbeit einzustimmen. Zu groß sind die Versäumnisse der Regierenden im Bund und in Thüringen. Die Bundesregierung ist "politisch und moralisch gescheitert", weil sie nicht nur vor einem wirtschaftspolitischen Scherbenhaufen steht, der sich in 5,2 Millionen Arbeitslosen manifestiert, sondern auch moralisch, weil "Rot/Grün die Starken schützt". Denn gerade unter der Regierung Schröder ist die Kluft zwischen arm und reich größer, der Graben zwischen den Arbeitsplatzbesitzern und den bildungsfernen Schichten tiefer geworden. Und die Grünen, so Barth weiter, sind nicht nur "die größten Fortschrittsverhinderer", sondern auch und gerade auf ihrem ureigensten Gebiet gescheitert, nämlich der Umweltpolitik: Findet sich doch Deutschland hier in der internationalen Rangliste auf Platz 31 wieder, nach Gabun und Albanien.

In der nachfolgenden Aussprache verwies Generalsekretär Patrick Kurth nochmals auf das Problem der Abwanderung aus Thüringen, Landesvize Lutz Recknagel kritisierte die Technikfeindlichkeit der Grünen, die sinnvollen Anwendung z.B. der Gentechnik verhinderten und Volker Weber wünschte sich mehr Selbständige und weniger Beamte in den Parlamenten. Ein immer wiederkehrende Motiv: Die desolate Sparpolitik der Althaus-Regierung zuungunsten der Kommunen. Tagungspräsident Andreas Wiese appellierte daher an alle FDP-Kommunalpolitiker, die CDU Mandatsträger bei diesem Thema zu stellen, eine Vorlage die VLK-Vorsitzender Dirk Bergner gerne aufgriff, indem er das Wort vom "schwarzen Tag für die Thüringer Kommunen" prägte.

Ein Höhepunkte des Parteitags war sicherlich die Ehrung von Parteimitgliedern der ersten Stunde. Blickt doch die FDP-Thüringen bereits auf 60 Jahre Nachkriegsgeschichte zurück, vier Jahre mehr als die West-FDP. Generalsekretär Patrick Kurth dankte den erstaunlich zahlreich erschienen Parteisenioren in einer bewegenden Rede für ihren Beitrag zum politischen Wiederaufbau des Landes. Zuvor schon hatte es sich der fast 82jährige Kurt Fritze nicht nehmen lassen, in die Aussprache einzugreifen. "Denn", so Fritze, "die großen wirtschaftspolitischen Probleme Deutschlands" lassen ihm "keine Ruhe" und er erinnerte dabei an den Untergang der Weimarer Republik, den er ja noch persönlich miterlebt hatte. Im unmittelbaren Anschluß daran mahnte Karlheinz Guttmacher, Vorsitzender des Petitionsausschusses im Bundestag einen ehrlichen Generationenvertrag an und verwahrte sich gegen die Ausfälle des ehemaligen Julivorsitzende gegen die ältere Generation. Er beklagte die Gesetzesflut von Rot/Grün, die "an den wichtigen Problemen dieses Landes vorbei" gingen und die Unmöglichkeit der FDP-Fraktion, mit ihren zahlreichen Reforminitiativen in Berlin durchzudringen.

Nach der auch von der Presse mit großem Interesse verfolgten Ehrung unserer Mitglieder der ersten Stunde, konnte sich der Parteitag den Sachthemen widmen. Dabei erhielten die vom Landesvorstand angestrebten Satzungsänderungen bezüglich der Verkleinerung des Landesparteitags von 300 auf 200 Delegierte ebensowenig die erforderliche Zweidrittelmehrheit, wie die Erhöhung der Abführung an den Landesverband auf 2,50 Euro, obwohl gerade für letztere bereits im Vorfeld heftig geworben worden war. Eva-Maria Grosse (Weimar) hatte bereits in der Aussprache dem Landesverband symbolisch 5000 Blatt Papier zur materiellen Unterstützung seiner Arbeit übergeben und diesen Satzungsänderungsantrag den Teilnehmern eindringlich zur Annahme empfohlen.

Inhaltlich dagegen befanden sich die Delegierten durchaus auf einer Linie mit ihrem Landesvorstand. So wurde der Antrag 10 (einheitliches Bildungssystem in Deutschland) ebenso angenommen, wie Antrag 20 zur Kreisgebietsreform, letzterer nach einigen Änderungsanträgen ua. vom Landesvorsitzenden. Gerade mit diesem Antrag will die FDP-Thüringen, so Generalsekretär Kurth, eine "Vorreiterrolle" spielen und sich gegenüber der trägen und reformunfreudigen Landesregierung profilieren. Über die weitere Reihenfolge der Anträge konnten die Delegierten dann per Auswahlverfahren selbst bestimmen. Nicht verwunderlich, daß die Bildungspolitik auf den vorderen Plätzen landete. Dabei gelang es den Julis, einen von Gerhard Jahns eingebrachten Antrag für die Erhebung von Studiengebühren durchzubringen. Auch Anträge zur Konsolidierung des Landeshaushaltes und zur Liberalisierung des Energiemarktes wurden vordringlich behandelt. Der mit Spannung erwartete Antrag aus dem Wartburgkreis zur EU-Erweiterung (keine Aufnahme der Türkei in die EU) wurde dagegen unspektakulär in den dafür zuständigen Ausschuß verwiesen. Spannend wurde es bei dem Antrag der LFA Gesundheit, der ein Rauchverbot an öffentlichen Schulen forderte. Die Abstimmung endete zunächst mit einem Patt. Erst nach nochmaligem Nachzählen wurde die Vorlage angenommen. Deutliche Zustimmung fand dagegen der Antrag zur Zulassung heimlicher Vaterschaftstests trotz der Gegenrede des Tagungspräsidenten.

Ein wenig nachdenklich stimmt, was am Ende der Liste landete: Ein Antrag zur Konsolidierung der Theater- und Orchesterlandschaft in Thüringen (Jena), ein Antrag bezüglich älterer Langzeitarbeitsloser von Dr. Uwe Müller (Stadtroda) und der Antrag der liberalen Frauen.
Deswegen anstelle eines Kommentars mein persönliches Schlußwort: Wir müssen uns den Problemen dieser Wählerschichten viel mehr widmen, wir brauchen sie und ihre Akzeptanz zu unseren Reformvorschlägen, um in Land und Bund wieder eine substanzielle Rolle spielen zu können!

von Jost Hofmann, Jena

13.03.2005 Jost Hofmann