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Erweiterungspläne für Windpark auf Bürgerforum abgelehnt

Großneuhäuser sehen sich in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt. Bürgermeister Köther: "Es reicht! 40 Windmühlen sind genug!"
Zwischen Olberleben und Bachra steht bereits ein großer Windpark. Der Teilplanentwurf "Windenergie" für Mittelthüringen sieht eine Erweiterung vor. Foto: J. Krey
Großneuhausen. Freibier und belegte Brötchen gratis wie einige Tage zuvor bei einer Werbeveranstaltung eines Windenergie-Unternehmens für Landbesitzer gab es diesmal nicht. Die Anwesenden zahlten zum Großneuhäuser Bürgerforum (unsere Zeitung berichtete) selbst für das, was sie verzehrten.
Der benachbarte Windpark zwischen Rastenberg, Bachra und Olbersleben ist im Entwurf des Sachlichen Teilplans "Windenergie" der regionalen Planungsgemeinschaft Mittelthüringen als für eine Erweiterung in Frage kommendes Vorranggebiet ausgewiesen. Im Planentwurf firmiert es unter der Bezeichnung "W8 - Olbersleben/Ostramondra.
Das öffentliche Beteiligungsverfahren läuft. Bis einschließlich 10. Mai 2016 können Anregungen und Stellungnahmen zum Entwurf schriftlich oder zur Niederschrift vorgebracht werden. Nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bleiben vielleicht unberücksichtigt.


Landkreis versorgt sich zu 90 Prozent erneuerbar

In Großneuhausen will man die Erweiterung nicht - so lässt sich jedenfalls die Freitagsrunde im "Weimarischen Hof" deuten. "Wir haben uns schon in der Vergangenheit immer gegen die Windmühlen gesperrt und haben dennoch die bis heute 40 Windmühlen täglich vor Augen", sagt Bürgermeister Torsten Köther. "40 Stück! Großneuhausen sieht sie alle. Und bei schlechtem Wetter hören wir sie auch alle! Es reicht!", betonte er und forderte den Erhalt wenigstens eines Restes von Lebenswert in der Region.
In Landrat Harald Henning (CDU) hatten die Großneuhäuser den Präsidenten der Regionalen Planungsgemeinschaft Mittelthüringen zu Gast. Henning unterstrich, dass sich das Planungsgremium die Arbeit nicht leicht gemacht habe. "Wir haben dabei alle Bauchschmerzen", so Henning. Er verwies auch darauf, dass sich der Landkreis Sömmerda - Haushalte und Wirtschaft - schon jetzt zu 90 Prozent aus erneuerbaren Energien versorge. Es gibt 83 Windkraftanlagen, 21 Biogasanlagen und 700 Photovoltaikanlagen, die mehr als 10 Quadratmeter Fläche haben.
Die Erstellung des neuen Teilplanentwurfes sei erst nötig geworden sei, weil auf dem Klageweg moniert worden war, dass im Freistaat zu wenig Flächen für Windenergiegewinnung ausgewiesen worden seien.
Auch seien Belange des Umwelt- und Denkmalschutzes im Entwurf noch gar nicht berücksichtigt. Er riet den Anwesenden, ihre Bedenken unbedingt und sachlich zu formulieren und versprach: "Wir werden dies alles sehr ernst nehmen, jeden Hinweis und jede Anmerkung genauestens auswerten."
Zudem seien schon weitere Gutachten in Auftrag gegeben.
"Das, was jetzt da geschrieben steht, muss nicht so bleiben", sagte er und deutete sein bedauern an, dass dem Problem der Speicherung von aus Wind gewonnener Energie nicht mehr Bedeutung beigemessen werde. Speicherung müsse eigentlich vor dem Neubau Vorrang haben. Überhaupt sei nicht nachzuvollziehen, warum technisch mögliche Verbesserungen für Erhalt oder Rückgewinnung von Lebensqualität von in Nachbarschaft von Windparks lebenden Menschen nicht umgesetzt würden. "Warum müssen die Dinger ständig und alle warnblinken, wenn es doch anders geht?", so Henning.
Emotionale Einwürfe einiger der mehr als 100 Anwesenden unterstrichen die Belastungen. "Mir könnte es ja egal sein, mir macht es nichts, ich habe Tinnitus", griff Ex-Bürgermeister Günther Kilian die Klage einer jungen Großneuhäuserin auf, die Rotorengeräusche raubten ihr den Schlaf. Kilian will trotzdem, dass sich die Großneuhäuser weiteren Windrädern entgegen stellen, damit nicht ganze Leben entwertet würden und Zukunft für ein Leben auf dem Lande gesichert werde.
Den Glauben, über Stadtratsbeschlüsse und andere Einwände gegen Windparkwachstum etwas tun zu können, hat Rastenbergs Bürgermeister Uwe Schäfer (FDP) verloren. Er erinnerte daran, mit welch kleinem Ansinnen alles anfing. "Da war mal von sechs Anlagen die Rede, dann wurden es elf, jetzt sind es 40. Und auch wenn wir das gemeindliche Einvernehmen nicht erteilt haben, gebaut wurde trotzdem. Das war dann nicht mehr notwendig. Da wird es einem himmelhexenangst", verwies er darauf dass ein Roldislebener Neubürger demnächst quasi direkt unter Windrädern wohnen soll. Zwei zusätzliche Anlagen in seine Richtung seien geplant. "Wer solchen Wahnsinn überhaupt diskutiert!", echauffierte sich Schäfer.

Flächeneinwerbung läuft schon auf Hochtouren

Köther ergänzte, dass er befürchte, dass sich zum Schlechteren wenden könnte, was jetzt im Planentwurf stehe. "Mindestens acht der jetzigen Anlagen stehen schon außerhalb des bisherigen Plangebietes", betonte er. Begründet werde dies von den Erbauern mit Problemen bei der Auswertung von 1:100 000-maßstäblichen Unterlagen. Und ihm sei auch schon zu Ohren gekommen, dass jetzige mögliche Vorranggebiete keine Grenzen setzten. "Die Werber haben schon Flächen bis nach Backleben im Auge oder unter Vertrag", sagte er.
Mut darf den Bürgermeistern von Ostramondra, Axel Thomas, und Olbersleben, Lars Pekarek (CDU), attestiert werden. Sie trauten sich als Erweiterungsbefürworter in die "Höhle der Löwen". Axel Thomas wies darauf hin, dass seine Gemeinde mit Geldern der Windkraftbetreiber hätte seit Jahren viel bewirken und jetzt vielleicht nicht Straßenausbaubeiträge in diesem Ausmaß kassieren müsse. Der damals auch nach Einsatz einer Bürgerinitiative abehnende Beschluss sei deshalb diesmal durch einen befürwortenden ersetzt worden. "Mich hat keiner gefragt", hatte ihn zuvor einer seiner Mitbürger ans Mikrofon gedrängt. Er wollte zudem wissen, wie sich seine Haltung pro Windkraft mit seiner Funktion als stellvertretender Vorsitzender des Hohe Schrecke-Vereins vereinbare und verwies darauf,, dass ein Rotmilan-Schutzgebiet bis Mitte Ostramondra reicht. "Sind Sie für ein Naturschutzgebiet oder für Vogel-Häckselanlagen?", wollte er wissen.
Zur Stellungnahme öffentlich aufgefordert wurde auch Lars Pekarek. Ihm war es wichtig, zu sagen, dass er zum Zeitpunkt des damals schon befürwortenden Beschlusses des Gemeinderates von Olbersleben noch nicht bei einem Windkraftunternehmen in Lohn und Brot gestanden habe. Jetzt tut er es.
Die Diskussion wird weiter gehen. Eine weitere Klage auch gegen den neuen Teilplan ist laut Henning bereits eingereicht. Die ausgewiesenen Flächen würden von den Einreichern noch immer als nicht ausreichend eingeschätzt. Man solle sich jedoch nicht darauf verlassen, dass es eine weitere Auslegungsrunde geben werde, riet er. Die Frist 10. Mai 2016 stehe.
Das Unverständnis in der Runde machte sich auch an unterschiedlichen Realitäten im Osten und Westen Deutschlands fest. "Ich bin viel unterwegs. Auf Montage. Ich kenne Bayern, das grüne Musterländle Baden-Württemberg, auch Rheinland-Pfalz. Suchen Sie da mal einen Windpark!", erklärte ein Mann. "Sie werden kaum einen finden - und wenn, dann stehen da drei oder vier Windräder, aber doch nicht 40!"
Die ländliche Region Thüringens werde für das grüne Gewissen der grünen Wählerschaft in der Stadt geopfert, sagte der Rastenberger Bürgermeister Uwe Schäfer.

Was bleibt nach einer Gebietsreform?

Harald Henning schließlich wandte sich an Axel Thomas und hinterfragte, ob die Aussicht auf einen finanziellen warmen Regen nicht vielleicht doch zu kurz greife.
Zuvor war die Problematik der Kreis-, Gemeinde und verwaltungsreform diskutiert worden. Wenn die umgesetzt wird, so war herausgearbeitet worden, entscheide nicht mehr Ostramondra, was mit seinen Einnahmen passiere, sondern die größere kommunale Verwaltungseinheit, der die Noch-Gemeinde dann vielleicht als Ortsteil angehöre. Und mit etwas Pech sitze dann nicht einmal mehr ein Ostramondraer Vertreter im beschließenden Rat der Stadt, Einheits- oder Landgemeinde.