Die nachhaltige finanzielle Ausstattung von Kommunen und deren übergreifende
Zusammenarbeit waren Schwerpunkte des FDP-Forums "Liberale Kommunalpolitik".


Von Stefan Löffler
Sonneberg - Ihre Standpunkte zu Grundproblemen der Kommunalpolitik definierten die Landkreis-Liberalen jüngst in einem, von Thomas Schwämmlein (Sonneberg) als
Partei-Neutralen moderierten Forum in der Gaststätte "Am Stadion". In der öffentlichen Veranstaltung, zu der als Ehrengast auch der stellvertretende FDP Landesvorsitzende Dirk Bergner gekommen war, legten vor allem die vier amtierenden und auch wieder kandidierenden FDP-Stadträte ihre Meinungen dar. Nach der Eröffnung durch Kreisverbandsvorsitzende Steffi Rahmig-Dodel stieg Moderator Schwämmlein sogleich mit zwei Schlüsselthemen in den Abend ein: Kommunale Selbstverwaltung und Kommunaler Finanzausgleich (KFA). "Was könnte
hier der Freistaat besser machen?" fragte er zunächst Bergner. Der, übrigens auch ehrenamtlicher Bürgermeister des ostthüringischen Landstädtchens Hohenleuben, kritisierte Finanzminister Wolfgang Voß‘ (CDU) "Schönrednerei" bezüglich des KFA, beklagte die 310 Millionen Euro weniger in der KFA-Masse und geißelte das kommunale Hilfspaket von 136 Millionen Euro als Wahlgeschenk - und "dem Bürger vorher weggenommene Summe". Als Hauptansatzpunkte für effektives Sparen sieht er die Vereinfachung von Aufgaben und das Abschaffen überzogener Standards. Bezüglich einer Gebietsreform erklärte Bergner: "Die mantrahaft wiederholte Behauptung, dass eine Gebietsreform, die größere Einheiten schafft, automatisch mehr Effizienz bringt, ist durch Zahlen nicht belegt. Im Gegenteil; mancherorts hat sich bereits herausgestellt: Je größer die Einheiten - je größer die Pro-Kopf-Kosten." Auch müssten dort, wo Reformen schon stattfanden, seither Kreisumlagen eigentlich
geringer steigen - was aber nicht eintrat. Bergner: "Ich streite erstrangig für die Freiheit der Gemeinden. Allerdings kann interkommunale Zusammenarbeit zu mehr Effizienz führen." "Und wie sieht es mit der kommunalen Solidargemeinschaft auf Landkreisebene aus?", hakte der Moderator nach und führte ein Beispiel an: Goldisthal sei nach dem KFA fast zum Bittsteller geworden, nachdem es vorher für andere Gemeinden kräftig mit geblecht hatte. FDP-Stadtrat Schwämmlein erklärte, man bekenne sich zu solchen Gemeinschaftsprojekten wie dem Um- und Ausbau des Museums. Da hierbei eine indirekte Finanzierung durch die Kreisumlage erfolge, sei allerdings "gesunde Skepsis" angebracht. Hinsichtlich Privatisierung solcher Einrichtungen stehe hingegen die Frage "Wo ist"s gut, wo nicht?" Rolf Schwämmlein bekannte sich auch zum Stadionumbau, denn: "Wenn wir nicht zu unseren freiwilligen Leistungen stehen, dann sind unsere Stadt, unser Kreis und unsere Region kaputt". Als "verwerflich" geißelte er das Delegieren von Aufgaben an die Kommunen bei gleichzeitig klaffenden Finanzlöchern. So habe man allein vier Millionen Euro jährlichen Zuschussbedarf bei den Kindergärten. Auch sei die fiktive Festlegung der Steuerhebesätze durch Erfurt Erpressung. Nicht so einig wie in Letzterem ist man sich innerhalb der Partei in punkto Straßenausbaubeiträge. Stadtrat Hartmut Fiedler meint: "Die Kosten für den Ausbau von Kreisstraßen werden nicht umgelegt - das ist Benachteiligung." Rolf Schwämmlein hierauf: "Das ist nicht mein Standpunkt." Bergner fordert, die Abgaben-Gesetzgebung so zu ändern, dass die Kommunen "selbst entscheiden: Wollen wir erheben oder nicht?" Bekanntlich haben die Gemeinden Neuhaus-Schierschnitz, Föritz und Judenbach ihre zukünftige interkommunale Zusammenarbeit mittlerweile auch vertraglich fixiert. Auf die Frage, wie die Kreisstadt es mit Kooperation über kommunale Grenzen hinweg halte, verwies Fiedler darauf, dass diesbezüglich noch niemand auf Sonneberg zugekommen sei. Er rühmte indessen die positiven Signale, die - nach der Eingemeindung - aus dem Oberland gekommen seien. Der Föritzer FDP-Gemeinderat Peter Oberender wies hingegen darauf hin: "Diese Form der Zusammenarbeit ist schon ein großes Thema. Wir arbeiten bereits in dieser Form der Kreisstadt zusammen, beim gemeinsamen Gewerbegebiet Sonneberg-Föritz." Was aus dem nun in Angriff genommenen Projekt mit Neuhaus-Schierschnitz und Judenbach werde, müsse man sehen. Jedenfalls hält er nichts von Zwangseingemeindungen. Rolf Schwämmlein meint: "Am Zug ist nun Judenbach - entweder Anschluss an Sonneberg oder interkommunale Kooperation mit der Kreisstadt in ehrenamtlicher Funktion. Ich kenne einige Judenbacher Abgeordnete, die für Sonneberg sind. Vielleicht können sie sich in der neuen Legislatur durchsetzen?"Helmut Hammerschmidt, einst FDP-Gemeinderat in Judenbach, vertritt die Position: "Ein Zwangsanschluss ist nicht gut. Man sollte den Bürgern mehr Freiheit lassen." Ebenfalls im Mittelpunkt der Diskussionen: Das "Trauerspiel Schulnetzplanung". Bekanntlich ist deren Fortschreibung in der letzten Kreistagssitzung der alten Legislatur - wieder einmal - gescheitert. Wilfried Luther,
FDP-Kreisrat, ehrenamtlicher Beigeordneter der Landrätin und bis 2013 selbst Schulleiter; erklärte: "Fast sieben Jahre haben wir an der Vorlage gearbeitet; das Ergebnis ist eher ernüchternd. War es sinnvoll, den Entwurf in die letzte Sitzung einzubringen?". Die überzogenen Standards für Schulbauten stellten vor eigentlich
unüberwindbare Hürden. Luther prangerte zudem das Handeln der Behörden an: 40 geplante Lehrer-Neueinstellungen im Bereich des Schulamtes Südwestthüringen -
das bedeute: Gerade mal jede vierte Schule im Beritt bekomme eine neue Lehrkraft. "Man sollte sich nicht immer nur wegen der Qualität der Schulgebäude, sondern auch mal um die Qualität der Bildung Gedanken machen", so sein Fazit. Auch kleine Schritte zähl"n Rolf Schwämmlein verteidigte hingegen im Zusammenhang mit Schulbauten getroffene Entscheidungen: "Die Container-Lösungen für Schalkau und Neuhaus- Schierschnitz waren richtig und notwendig." Sein Standpunkt: "Schul- Zusammenlegungen haben nichts Verwerfliches. Auch die Freigabe der Schuleinzugsgebiete sehe ich positiv, denn dadurch wurde ein gewaltiges bürokratisches Prozedere abgeschafft." Für eine Schulnetz-Fortschreibung sei jetzt ein ganz schlechter Zeitpunkt, denn "es ist Wahlkampf - die Zeit der Versprechungen". Er fordert: "Wir sollten nicht davor zurückschrecken, Entscheidungen zu treffen, die manchen wehtun. Aber wir sollten auch nichts übers Knie brechen." Seine feste Überzeugung: "Wir müssen den Weg gehen zu größeren Schulen. Kleine Schulen haben auch ihre Daseinsberechtigung - aber nur, wenn
man sie auch mit Lehrkräften absichert." Bergner, der sich klar zu einem gegliederten Bildungssystem bekannte, meint: "Das erste, was sich ändern muss ist die Geisteshaltung; man darf an die Sache nicht ideologisierend herangehen. Und es muss aufhören, dass die gewünschten Schulformen materiell und personell bevorzugt werden." Michael Mathieu - einst selbst FDPler, nun aber parteilos und Gast der Veranstaltung, der die Debatte übers Schulnetz angestoßen hatte - regte an, Schulen auch an Kommunen oder an freie Träger zu geben. Rolf Schwämmlein: "Um das umzusetzen braucht"s auch Partner." Moderator Thomas Schwämmlein gab zu bedenken: "Freie Schulgründungen scheiterten im Landkreis bisher schon in den Ansätzen - nicht zuletzt auch aus Schülermangel." Die ganz alltäglichen Probleme der Bürger rückte FDP-Stadtrat Volker Wunder in den Fokus. Sein Aufreger: Der allgemeine Spardruck, der "nach unten weitergegeben wird". Als Beispiel führte er die gesetzlich eingeforderten biologischen Kleinkläranlagen bei Siedlungen ohne Kanalanschluss an. "Warum muss der Staat so viel sparen und hat so wenig für seine Bürger übrig?", fragte er. Andererseits würden die Verantwortlichen für offensichtliche Steuerverschwendungsprojekte nicht zur Verantwortung gezogen. "Hat man seitens der Politik vollends die Verbindung zur Basis verloren?" Wunder selbst hingegen hält diese Tag für Tag, sucht auch im Kleinen Abhilfe zu schaffen. "Ich bin nur beratendes Mitglied im Verkehrs- und Umweltausschuss sowie im Wirtschafts- und Rechnungsprüfungsausschuss, kann also nicht entscheiden. Dennoch habe ich Einiges angeregt, Tipps hinsichtlich Beschilderung, des Sinns beziehungsweise Unsinns von Verkehrsführungen (Paradebeispiel: Vorfahrtsänderung in der Schreberstraße), und zum Radwegenetz gegeben. Zudem sorgte ich dafür, dass der Mini-Sportplatz am DRK ein Ballfangnetz bekommt. Zudem habe ich mich bei den Beratungen zu Einsparmöglichkeiten in den Bereichen Telekommunikations- und Stromkosten sowie den Kosten von Bauprojekten eingebracht." An Letzteres knüpfte FDP-Stadtrat Frank Laaser an, der die hohen Kosten öffentlicher Bauprojekte in der Kreisstadt beklagte: "Für das Geld, für das in Sonneberg eine Sportanlage ausgebaut wird, baut man woanders ein Schloss. Wenn eine Straßenlampe 1 200 Euro kostet - das kann doch nicht sein. Da stecken doch Absprachen dahinter!" Bergner sieht auch hier wieder zu hohe Anforderungen mitschuldig. Seine Forderung: "Ausschreibungsbedingungen dürfen nur so hoch sein wie nötig - und nicht so hoch wie möglich." Abschließend erklärte Rolf Schwämmlein, dass die FDP hierzulande - last but not least - "auch auf der Tourismus-Strecke aktiver werden will". Und da ein touristisches Zugpferd nicht nur die Sehenswürdigkeiten und Naturschönheiten der Region sind, sondern auch die Internationalen Jazztage nutzte er die Chance, um deren Spiritus Rector Peter Wicklein, auch FDP-Mitglied, deren 2014er Programm im Detail vorstellen zu lassen.


15.05.2014 Freies Wort