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Interview
Bundesvorsitzender Guido Westerwelle
Bundesvorsitzender Guido Westerwelle

WESTERWELLE-Interview für die "Nürnberger Nachrichten" (19.09.2008)
Berlin. Der FDP-Partei- und Fraktionsvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE gab den "Nürnberger Nachrichten" (Freitag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten ALEXANDER JUNGKUNZ, PETER ABSPACHER und ARMIN JELENIK.


Frage: Herr Westerwelle, Sie und ihre Partei schlagen mächtig auf die CSU ein, doch am liebsten würden Sie mit den Christsozialen koalieren. Wie passt das zusammen?

WESTERWELLE: Mit der CSU ist es wie mit den berühmten Karpfen im Teich: Wenn es keine Hechte gibt, werden sie fett und faul — wir sind gewissermaßen die liberalen Hechte, die für neuen Schwung sorgen.

Frage: Wirklich interessant wird es in Bayern erst, wenn sich alle Parteien gegen die CSU verbünden und in einem Fünfer-Bündnis regieren. Hätte das für Sie Charme?

WESTERWELLE: Nein. Wie wollen Sie denn mit einer richtungslosen 19-Prozent-SPD und den Freien Wählern, die für die siebenjährige Ehe eintreten und die Zerschlagung der bayerischen Automobilindustrie propagieren, wie wollen Sie mit denen eine Regierung bilden? Herr Beckstein sagt, es schüttelt ihn bei dem Gedanken, mit der FDP zu koalieren, dabei hat er vor drei Jahren nichts sehnlicher gewünscht, als neben mir in Berlin auf der Regierungsbank zu sitzen. Herrn Beckstein wird am Wahlabend gar nichts schütteln, sondern er wird kurz nach 18 Uhr Herrn Zeil anrufen, und dann wird man sich zusammensetzen. Wir werden uns unserer Verantwortung nicht entziehen.

Frage: Auf Bundesebene werden Sie derzeit heftig von den beiden großen Parteien umworben. Ist die SPD nach ihrem Führungswechsel inzwischen eine Alternative für die FDP?

WESTERWELLE: Die SPD hat zwar ihr Personal an der Spitze gewechselt, aber nicht ihren Kurs. Unverändert plant sie in einem Bundesland nach dem anderen Bündnisse mit den Kommunisten und Sozialisten. Und auf Bundesebene beabsichtigt sie, unseren hoch angesehenen Bundespräsidenten gemeinsam mit den Stimmen von Grünen, Kommunisten und Sozialisten aus dem Amt zu werfen. Das ist für uns alles andere als interessant. Die SPD ist unverändert auf Linksaußenkurs — was ich bedauere.

Frage: Sie sind jetzt seit fast elf Jahren nicht mehr an der Regierung. Wie groß ist der Druck, dass es nächstes Jahr klappen muss?

WESTERWELLE: Wir wollen regieren und ich will auch regieren — aber nicht um jeden Preis. Um den Preis des Wortbruchs hätten wir längst Ministerposten haben können. Aber das haben wir abgelehnt. Wir wollen die Politik ändern.

Frage: Sie könnten bei den krisengeschüttelten Finanzmärkten anfangen. Warum lehnen die strengere Regulierungen auf den Kapitalmärkten ab?

WESTERWELLE: Wir sind seit langem der Überzeugung, dass wir mehr Transparenz brauchen und haben dazu unsere Vorschläge gemacht. Das löst aber das Kernproblem nicht, nämlich, dass der Staat in weltweiten spekulativen Immobiliengeschäften nichts zu suchen hat. Wir haben doch keine Staatsbank wie die KfW, damit diese eine Privatbank wie die IKB aufkauft und sich dann auf irgendwelchen Hypothekenbörsen in den USA verspekuliert. Jetzt müssen wir als Steuerzahler zehn bis zwölf Milliarden Euro hinterherschmeißen — dafür machen wir doch keine Staatsbank.

Frage: Aber Privatbanken dürfen das, auch wenn der Steuerzahler vielleicht für die Verluste einspringen muss?

WESTERWELLE: Natürlich dürfen Privatbanken das. Denn wenn die Pleite gehen, dann ist das deren Verantwortung. Außerdem haben wir in Deutschland einen von den privaten Banken geschaffenen Sicherungsfonds. In Deutschland entsteht das Problem immer erst dann, wenn eine Staatsbank dabei ist. Denn plötzlich hat der Steuerzahler die Lasten, obwohl er sie nicht wollte. Das war bei der IKB/KfW so und bei den Landesbanken in Sachsen und Bayern. Aber für Spekulationsverluste, beispielsweise der Deutschen Bank, musste noch nie der Steuerzahler gerade stehen. Sondern das geht auf den Börsenkurs und betrifft die Aktionäre. Und dann sollen die sich mit ihrem Vorstand auseinandersetzen.

Frage: Sie haben in der Haushaltsdebatte des Bundestages der Regierung vorgeworfen beim Sparen Zeit verplempert zu haben. Wo würden sie denn sparen?

WESTERWELLE: Eine Regierung, die es nicht mal in Aufschwungzeiten schafft zu sparen, der traue ich es nicht zu, dass sie es in mageren Jahren packt. SPD und Union haben das Prinzip: Darf der rote Minister eine Milliarde mehr ausgeben, darf es der schwarze auch. Deswegen haben wir keinen ausgeglichenen Haushalt. Nicht weil wir zu wenig Steuereinnahmen hätten. Die sind so hoch wie noch nie in der Geschichte unserer Republik. Das Problem ist, dass die Ausgaben des Staates ebenfalls so groß wie nie zuvor sind. Allein die Tatsache, dass die Bundesregierung in diesem Jahr noch einmal fast 200 Millionen Euro Entwicklungshilfe an China zahlt, das uns in der Weltwirtschaft überholt hat, ist eine freche Steuergeldverschwendung.