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Berlin. FDP-Generalsekretär CHRISTIAN LINDNER gab der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte ALEXANDER DAHL.


Frage: Hat sich die Union schon mit der starken FDP in der Koalition arrangiert?

LINDNER: Die einen mehr, die anderen weniger. In München wird gelegentlich übersehen, dass der Gegner links steht. Ich empfehle uns allen mehr Gelassenheit bei Bewertungsunterschieden, die in einer Koalition mit profilierten Partnern normal sind.

Frage: Rächt es sich nun, dass der Koalitionsvertrag 2009 nachlässig verhandelt wurde?

LINDNER: Da war nichts nachlässig. Der Koalitionsvertrag enthält aber teilweise eben nur Zielbestimmungen und Richtungsweisungen, weil wir komplexe Gesetzgebungsarbeit nicht vorweg nehmen konnten. Wir werden jetzt die abstrakten Formulierungen schnell konkret fassen, damit die Ziele deutlich und auch erreicht werden.

Frage: Ein höheres Reformtempo soll die FDP aus dem Umfragetief holen. Wieso?

LINDNER: Mir geht es weniger um Tempo und mehr um die Konkretisierung. Die Opposition hatte zu lange die Möglichkeit - etwa im Gesundheitswesen - uns Absichten zu unterstellen, die wir gar nicht haben. Die FDP will deshalb schneller konkret sagen, was wir in den einzelnen Bereichen vorhaben und dass sich das in ein plausibles Gesamtbild fügt. Die Bürger erwarten auch Problemlösungen statt Spiegelfechterei. Beispielsweise wird in der Gesundheit über alles Mögliche gesprochen, aber nicht über die Qualität der Versorgung für die Patienten. Und der Staat hat größere finanzielle Spielräume als Kommunen und Bürger. Wenn wir nichts tun, dann werden die Beschäftigten durch Inflationsgewinne beim Staat sogar versteckte Steuererhöhungen haben. Das finden wir unfair.



Frage: Steuersenkungen oder Atomenergie lehnen die Bürger in Umfragen ab...

LINDNER: ...aber politische Führung kann, wenn sie dem Volk aufs Maul schaut, ihm dennoch nicht nach dem Munde reden. Wir haben in Deutschland bei 82 Millionen Einwohnern nur 25 Millionen Steuerzahler. Auch so erklären sich Umfragen. Dennoch brauchen wir Fairness zwischen Leistungsgebern und Leistungsnehmern, man darf sie nicht länger gegeneinander ausspielen. Und beim von Bundesumweltminister Norbert Röttgen anscheinend schneller angestrebten Ausstieg aus der Kernenergie interessiert mich, wie er die Energiepreise unter Kontrolle halten will. Da soll er mal rasch Farbe bekennen. Die in der Koalition verabredete Verlängerung der Laufzeiten bringt uns ja viele Milliarden Euro zusätzlich, die wir in den Ausbau erneuerbarer Energien investieren können, ohne die Stromkunden zu belasten.

Frage: Die FDP drängt bei der Steuerreform zur Eile, die Union nicht. Droht neuer Streit?

LINDNER: Wir haben in Deutschland eine Sehnsucht nach Konsens. Der Ideenwettbewerb in der Demokratie eröffnet aber Chancen, dass alle ein breiteres Blickfeld bekommen. Auch in einer Koalition. Wir arbeiten jetzt an einem konkreten Steuerkonzept, denn da ist Handeln dringend überfällig. Die CSU nimmt sich ja auch das Recht heraus und legt ein eigenes Gesundheitskonzept vor.

Frage: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat es aber nicht so eilig.

LINDNER: Ich kann ihn beruhigen: Wir arbeiten innerhalb der Leitplanken des Koalitionsvertrages und werden kein reines FDP-Konzept vorlegen. Uns geht es um eine faire Einfachsteuer, die weniger Ausnahmen hat. Mit einem Stufentarif lohnen sich Überstunden wieder. Und wir wollen die Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen. Dafür haben wir mit Herr Schäuble weitere 19 Milliarden Euro eingeplant.

Frage: Sollte Kanzlerin Angela Merkel öfter klare Kante in der Koalition zeigen?

LINDNER: Die Kanzlerin hat bei sehr vielen Gelegenheiten die Bedeutung des Koalitionsvertrags bestätigt. Sie hat damit souveräne Führung gezeigt. Es gibt keinen Grund für Beschwerden.

Frage: Teile der Union drohen dieser Tage mit Schwarz-Grün. Ist das realistisch?

LINDNER: Die Perspektive Schwarz-Grün ist nur dann realisierbar, wenn beide Partner hinreichend beliebig in der Sache sind. Ich sehe keine programmatische Substanz zwischen beiden Parteien. "Wohlstand für alle!" gibt es mit Schwarz-Grün ganz bestimmt nicht.

Frage: Schwächt es die FDP nicht, dass sie nur eine Machtoption mit der Union hat?

LINDNER: Es ist eher eine Stärke, dass es in Deutschland eine Partei gibt, die inhaltlich nicht beliebig ist. Ich sehe, dass es eine große sozialliberale Tradition gibt. Aber Sozialdemokraten wie Helmut Schmidt, die nicht immer Gleichheit wichtiger als Freiheit nehmen, gibt es in der real existierenden SPD gegenwärtig nicht.