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Selbsternannte "Ostpartei" nominiert auf aussichtsreichen Plätzen überwiegend "Wessis"

Die Landesliste der erst kürzlich wieder umbenannten SED - Nachfolgepartei hat es in sich. Auf den als aussichtsreich geltenden ersten sechs Listenplätzen finden sich gerade mal zwei Genossen, deren Wiege in der ehemaligen DDR stand. Die Zweidrittelmehrheit der voraussichtlich gut dotierten Plätze haben "West - Genossen" fest in ihrer Hand. Interessenvertretung Ost? Ist bei der Konstellation wohl eher nicht zu erwarten.


Über die Gründe kann man wohl nur spekulieren. Haben sich die "Ost - Genossen" die Butter vom Brot nehmen lassen, weil sie das Ausfahren der Ellenbogen nicht so gelernt zu haben scheinen? Oder geht es darum, der SED - Nachfolgepartei ein nach außen westlich geprägtes Bild zu verpassen, um so ungestörter im Hintergrund die alten Ziele zu pflegen? Für Letzteres scheint zu sprechen, dass, nachdem die West - Promis mit nahezu sicheren Plätzen versorgt waren, um Listenplatz 6 dann ein Ex - DDR - Offizier (Frank Kuschel) und ein Ex - Offiziersschüler der Grenztruppen (Frank Tempel) rangeln durften. Gewonnen hat das Stechen der heutige Polizeibeamte Tempel, der Landtagsabgeordnete Kuschel fand sich erst auf Listenplatz 12 wieder. Vielleicht war ja den Genossen dessen Vergangenheit für den Bundestag doch zu heiß. Noch 2004 bemängelte in einer hitzigen Debatte PDS - Fraktionschef Ramelow im Thüringer Landtag in Bezug auf Kuschel, man möge doch nicht die "Stasi - Keule" herausholen, und im Übrigen sei Kuschel nicht Angestellter der Fraktion, sondern Berater eines Arbeitskreises. Wochen später war der Ex - Offizier Frank Kuschel, der an der als Stasi - nah berüchtigten Potsdamer Akademie für Staat und Recht studierte, nicht Angestellter, sondern Mitglied der PDS - Landtagsfraktion. Ehrlich, mutig, links? Links gewiss, mutig wohl auch. Aber ehrlich?

Auch Listenplatz 7 hat was. Die 1978 in Erfurt geborene Sozialarbeiterin Katharina König lässt sich an allen passenden und unpassenden Gelegenheiten dafür feiern, dass sie in der Jenaer Jungen Gemeinde aktiv sei. Ein Engagement immerhin, das in der alten SED zu erheblichen Schwierigkeiten geführt hätte, es sei denn, sie wäre als IM (Inoffizielle Mitarbeiterin) der DDR - Staatssicherheit in die Kirche gegangen. Denn, so verkündete schon Lenin Russlands Kommunisten, nach der reinen Lehre sei Religion "Opium des Volkes". Und so wird heute verschämt ignoriert, dass es die Sozialisten waren, die intensiv noch in den achtziger Jahren junge Christen drangsalierten, als sie etwa den Aufnäher "Schwerter zu Pflugscharen" trugen und sich in der Friedensbewegung engagierten. Der harmlose Slogan "Frieden schaffen ohne Waffen" reichte jedenfalls noch 1983, um intensiv Bekanntschaft mit der DDR - Staatssicherheit zu machen. Das wollen die Genossen dann heute doch nicht so im Vordergrund wissen, wenn sie sich allenthalben als "Friedenspartei" präsentieren. Besonders bemerkenswert ist diese Selbstdarstellung, wenn sie von Leuten an den Mann, an die Frau gebracht wird, die früher selbst für die SED - Propaganda zuständig waren. Und zumindest fragwürdig ist die Rolle als Friedenspartei, wenn man sich daran erinnert, wie PDS - Frontmann Gysi zur Unterstützung des jugoslawischen Kriegsverbrechers Milosevic nach Belgrad reiste.

Nun ist der erneut geänderte Name der Ex - SED daraus entstanden, weil man den Wählern die Entstehung einer neuen Linkspartei suggeriert. Hintergrund ist das bis heute nicht vollzogene Zusammengehen mit der WASG, einem versprengten Haufen unzufriedener Sozialdemokraten. Mit Hinweis auf das Wahlrecht verkündeten die PDS - Genossen den Mitgliedern der WASG, sie könnten auf den Listen der pro Forma umbenannten PDS antreten. Stimmberechtigt bei der Wahl der Listenplätze waren freilich nur PDS - Genossen. Wo findet sich auf der Thüringer Landesliste die WASG wieder? Auf dem wenig Erfolg versprechenden Listenplatz 8 kandidiert der 1954 in Wipperdorf geborene WASG - Mann und Warenprüfer Frank Fiebig. Wenn auch schon nicht auf einem vorderen Platz, so dürfte Fiebig sich inmitten der PDS - Genossen zumindest nicht gänzlich fremd fühlen. Denn immerhin war er von 1974 bis 1989 Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Diese Vorgeschichte kann die 1955 in Wanne - Eickel geborene WASG - Frau Petra Schollmeyer nicht vorweisen. Ist das der Grund, warum die Linkspartei.PDS - Genossen die Frau aus dem Ruhrpott erst auf Platz 17 wählten? Zumindest fällt auf, dass ihr weniger Zuspruch zuteil wurde, als den von der PDS aufgebotenen "Wessis" Bodo Ramelow (Listenplatz 1), der Journalistin Lukrezia Jochimsen (Listenplatz 3), dem Gewerkschafter Frank Spieth (Listenplatz 4) oder der Studentin Cornelia Hirsch aus Baden - Württemberg (Listenplatz 5). Nur die im Landtag bereits gut alimentierte Johanna Scheringer - Wright ist mit Listenplatz 13 unter den nominierten PDS - Kandidaten aus den alten Bundesländern nicht vorn gelandet.

So klaffen bei den SED - Nachfolgern im Bundestagswahlkampf 2005 Anspruch und Wirklichkeit schon bei der Aufstellung der Kandidaten weiter auseinander denn je. Von einer neuen Linkspartei oder gar einem tatsächlichen Zusammengehen der Neosozialisten mit der de facto und de jure nicht zur Wahl stehenden Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit kann keine Rede sein. Die WASG spielt für die Linkspartei - wenn überhaupt - eine Rolle nur als Feigenblatt, um im Westen wählbarer zu werden. Programm und Rhetorik sind PDS pur, über die Liste konnten nur PDS - Delegierte entscheiden, und bis heute gibt es öffentliche Distanz zum DDR - System allenfalls in Form fadenscheiniger, verschämter Lippenbekenntnisse. Wie auch, rekrutiert sich doch nach wie vor nicht nur ein wesentlicher Teil der Basis aus alten DDR - Kadern. Zugleich kann die Linkspartei.PDS aber den Anspruch nicht glaubwürdig erfüllen, die Vertreterin ostdeutscher Interessen zu sein, wenn aussichtsreiche Kandidaturen zu zwei Dritteln von Leuten besetzt werden, die die Vorgeschichte der neuen Bundesländern zumindest nicht aus eigenem Erleben kennen. Und auf Dauer nur die Rolle der Wasserträger zu übernehmen für Menschen, die - wie beispielsweise Spieth - zu Hause nie über die Position eines Kreisgewerkschaftssekretärs hinausgekommen sind, werden die einheimischen Genossen sich vermutlich nicht gefallen lassen.



Dirk Bergner


Die Listenkandidaten der PDS:

1. Bodo Ramelow (*1956 in Osterholz-Scharmbeck, MdL)
2. Kersten Naumann (Agraring., Bad Frankenhausen, Jahrg. `58)
3. Dr. Lukrezia Jochimsen (WDR, Journalistin, Hamburg, *1936 in Nürnberg)
4. Frank Spieth (DGB- Vors. Thüringen, *1947 in Wetzlar, techn. Zeichner)
5. Cornelia Hirsch (*1980 in Stuttgart, Studentin)
6. Frank Tempel (*1969 in Belzig, verhinderter DDR- Grenzoffizier, anschließend FDJ- Kandidat auf der PDS - Landtagsliste 1990, nach Abschied aus den Grenztruppen Jugendarbeit, heute Polizeibeamter)
7. Katharina König (Sozialarbeiterin, Stadträtin Jena, *1978 in Erfurt)
8. Frank Fiebig, (Warenprüfer, *1954 in Wipperdorf, WASG, Ilmkreis, Gräfenroda, 1974-`89 SED - Mitglied)
9. Janette Ehrich, (Studentin, *1979 in Erfurt, Sömmerda)
10. Sandro Witt (*1981 in Pirna, Bürokaufmann)
11. Antje Schneider (Erzieherin, *1958 in Dresden)
12. Frank Kuschel (*1961, NVA-Offizier a.D., Kopofor Geschf., Fuhrunternehmer, MDL)
13. Dr. Johanna Scheringer - Wright (Agrarwissenschaftlerin, *1963 in Kösching, MDL)
14. Peter Lückmann (Feinoptiker, *1954 Jena)
15. Rosel Neuhäuser (Ing. für Feinwerktechnik, *1949 in Bad Tennstedt)
16. Adrian Pietsch (Schüler, *1984 in Jena)
17. Petra Schollmeyer (selbst. Verkaufssachbearbeiterin, *1955 in Wanne-Eickel)
18. Dr.-Ing. Gerd Stübner (*1949 in Nebra)
19. Franziska Kölbl (Bürokauffrau, *1983 in Rudolstadt)
20. Andreas Hähle (Schriftsetzer, *1967 in Borna)