Tradition
Ernst Abbe - Ein sozialer Wirtschaftsliberaler
Ernst Abbe - Ein sozialer Wirtschaftsliberaler

Der Todestag des Physikers, Erfinders, Unternehmers und Sozialreformers Ernst Abbe jährte sich am 14. Januar zum 100. Male. Für die FDP Thüringen ein Grund, an einen Vordenker für sozialen Wirtschaftsliberalismus zurückzudenken. Denn Abbe gehörte zu jenen Industriellen, die wussten, dass eine sozial abgesicherte und anständig entlohnte Belegschaft zu einem erfolgreichen Betrieb gehörten. So schaffte er bereits frühzeitig soziale Maßstäbe, lange bevor Gewerkschaften und Arbeitervereine tätig wurden.

Mit seinen sozialpolitischen Ideen war Abbe seiner Zeit weit voraus. Um den Bestand der Unternehmen Carl Zeiss und SCHOTT unabhängig von persönlichen Eigentümerinteressen zu sichern, gründete Abbe im Jahr 1889 die Carl-Zeiss-Stiftung, die er 1891 zur Alleineigentümerin der Zeiss Werke und zur Miteigentümerin der SCHOTT Werke machte (1919 übertrug auch Otto Schott seine Anteile am Glaswerk auf die Stiftung). Mit dem Stiftungsstatut von 1896 verlieh Abbe dem Betrieb eine einzigartige Unternehmensverfassung. Darin spiegelte sich das soziale Engagement Abbes wieder. Es gab für die Beschäftigten Mitspracherechte, bezahlten Urlaub, Beteiligung am Ertrag, ein verbrieftes Recht auf Pensionszahlungen, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und von 1900 an den Achtstundentag. Auf diese Weise wurden die Stiftungsunternehmen Carl Zeiss und SCHOTT zu Vorreitern der modernen Sozialgesetzgebung.

Abbe selbst setzte sich für eine überkonfessionelle und allgemein ethisch begründete Kultur- und Bildungsarbeit in der Freizeit seiner Belegschaft und der Jenaer Bevölkerung ein. Neben Zeiß und Otto Schott bot und finanzierte besonders Ernst Abbe bildende Erholung außerhalb der Arbeit. Dabei sollte dem Volke auch die Kunst Nahe gebracht werden. Bis heute bietet ist das Jenaer Volkshaus Beweis für das gesellschaftliche Engagement eines verantwortungsvollen Industriellen mit sozialen Gewissen.

Abbe wurde am 23. Januar 1840 in Eisenach geboren und wuchs in einfachen Verhältnissen auf. Mit Hilfe eines Stipendiums konnte er seine Ausbildung zum Mathematiker und Physiker beginnen. Seine Erkenntnis im Bereich der Optik konnte der junge Wissenschaftler in der mechanisch optischen Werkstatt des Carl Zeiss anwenden. 1866 wurde Abbe wissenschaftlicher Mitarbeiter. Seit 1870 wirkte Abbe als Professor an der Universität Jena. Seine Forschungsergebnisse in der Mikroskoptechnik verschaffte Carl Zeiss einen wichtigen technologischen Vorsprung: Ab 1872 baute man Mikroskope auf wissenschaftlicher Basis und ermöglichte epochemachende Forschungen in Biologie und Medizin. Zeiss machte Abbe zu seinem Teilhaber und bestimmte ihn zu seinem Nachfolger in der Unternehmensleitung. 1888 wurde dann Ernst Abbe alleiniger Leiter des Industriebetriebs. Gemeinsam mit Otto Schott, Carl Zeiss und Roderich Zeiss gründete Abbe 1884 in Jena das Glastechnische Laboratorium Schott & Genossen, das später Weltgeltung erlangen sollte.Unter Abbes Leitung wuchsen die Zeiss-Bertiebe zu einem Großunternehmen heran. Begriffe wie "Jenaer Glas" erlangen Weltruf.

Ernst Abbes Tochter Grete (Margarete) Unrein, geb. Abbe, war Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei und gehörte dem Jenaer Stadtrat an. 1932 wählte man sie zur 2. Vorsitzenden des Stadtrates. Nach dem Ende des II. Weltkrieges tat sie selbst im hohen Alter alles, um beim demokratischen Neuanfang zu helfen. So gehörte sie zu den ersten Mitgliedern der Neugegründeten Liberaldemokratischen Partei.