Heftige FDP-Kritik am Vergabegesetz

Formulare, Formulare, Formulare... Viele Chefs kleiner und mittlerer Unternehmen in Thüringen können ein Lied von dem täglichen Kampf gegen die Bürokratie singen. Wenn sie sich eigentlich um das Heranholen neuer Aufträge für ihre Firma kümmern sollten, müssen sie Statistiken ausfüllen oder andere Anfragen der staatlichen Verwaltung beantworten. Für Thomas Kemmerich ist das Thema hemmende Verwaltung ein Dauerbrenner. Aber der FDP-Wirtschaftsexperte wird auch nicht müde, die Missstände in diesem Bereich dauernd anzuprangern. Eine durchgreifende Entlastung auf diesem Gebiet wäre für ihn die beste Wirtschaftspolitik für Thüringen. Stattdessen sieht Kemmerich neue düstere Wolken über dem Thüringer Mittelstand aufziehen. Das Stichwort dafür heißt Vergabegesetz. Öffentliche Aufträge sollen danach nur noch Firmen bekommen, die die darin aufgestellten Kriterien erfüllen.
Das kann zum Beispiel eine bestimmte Ausbildungsquote sein oder ein festgeschriebener Frauenanteil in der Belegschaft. Für Kemmerich ist das alles nur hinderlich und führt zu neuer Bürokratie. Firmenchefs, mit denen er in den vergangenen Wochen über das heiße Eisen diskutiert hat, haben ihm bereits signalisiert, dass sie sich dann eben künftig an öffentlichen Ausschreibungen nicht mehr beteiligen würden. ,,Das kann doch nicht der Sinn neuer Regelungen sein", schimpft Kemme rich und weiß bei seinem Protest auch die Industrie- und Handelskammern im Freistaat hinter sich. Heute will Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig in Erfurt das Geheimnis um das Vergabegesetz lüften, das bereits im Vorfeld heftige Debatten ausgelöst hatte.
Elektronische Plattform Die Thüringer CDU hat ebenfalls am Vortag der Kabinettsberatungen ihre Erwartungen formuliert. Das Ziel müsse heißen, durchschaubare, mittelstandsfreundliche und unbürokratische Vergabeverfahren, so der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion, Gerhard Günther. Günther äußerte die Er wartung, dass die skeptischen Stimmen aus der Thüringer Wirtschaft zu den vergabefremden Kriterien im neuen Gesetz sehr ernst genommen werden sollten. ,,Da sind wir ganz die Anwälte des Mittelstands und des Handwerks", so Günther, der vermutlich aus koalitionspolitischer Raison seine Kritik an den Vorstellungen des SPD-Wirtschaftsministers gezügelt hat.

Eine Kernforderung der Union an das Gesetz ist die elektronische Veröffentlichung aller Ausschreibungen auf einer zentralen Vergabeplattform.

Außerdem verlangt die CDU für Firmen, die sich häufiger an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen, ein so genanntes Präqualifizierungsverfahren. Das heißt, dass sie nicht bei jedem neu en Auftrag, um den sie sich bewerben, die Erfüllung der gesetzlichen Vergabekriterien nachweisen müssen.



21.09.2010 Thüringische Landeszeitung (TLZ) Hartmut Kaczmarek