Frau und Kinder wohnen in Weimar, deshalb soll Thomas Kemmerich sein Mandat im Erfurter Stadtrat verlieren

Thomas Kemmerich sitzt seit 2009 im Thüringer Landtag. Daneben ist der FDP-Politiker, wie viele seiner Abgeordneten-Kollegen auch, kommunalpolitisch aktiv. Doch Erfurt will den 45Jährigen nicht länger im Stadtrat haben. Der Streit könnte vor Gericht enden.

Die Verwaltung der Landeshauptstadt ist der Meinung, Kemmerich sei kein Erfurter. Nicht weil er aus Aachen stammt, sondern weil er nicht in Erfurt wohnt. Sondern in Weimar. Und deshalb könne Kemmerich laut Thüringer Kommunal-Wahlgesetz nicht Erfurter Stadtrat sein. Aus dem Melderegister hat ihn das Ordnungsamt schon gestrichen. "Die Sache ist rechtlich eindeutig", findet Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD). Kemmerichs Familie wohne in der Nachbarstadt Weimar, also sei dort sein Hauptwohnsitz und mithin Lebensmittelpunkt. Der Liberale müsse sein Stadtratsmandat zurückgeben.
Was Kemmerich absurd findet, denn er arbeitet als Geschäftsführer einer Erfurter Friseurkette und kennt sich mit den Problemen der Stadt gut aus. Doch auch Ralf Rusch vom Gemeinde- und Städtebund sagt, der Freidemokrat werde wohl schlechte Karten haben. Denn kommunale Volksvertreter verlieren ihr Mandat, wenn sie ihre Wählbarkeit verlieren. Wählbar ist nach Kommunalwahlgesetz aber nur, wer (neben einigen anderen Voraussetzungen) seit mindestens drei Monaten in der Gemeinde wohnt, in der er kandidiert. Rusch: "Das kann quasi jede Sekunde geprüft werden."
Nur die hauptamtlichen Bürgermeister und Landräte müssen nicht zwingend in ihrem Wahlgebiet zu Hause sein. Gerade bei denen aber hält Kemmerich, ein gelernter Jurist, die Residenzpflicht für wichtiger. Andererseits sucht seine Partei gerade per Annonce einen Kandidaten für die OB-Wahl 2012 in Gera.

Entscheiden muss im Erfurter Fall das Landesverwaltungsamt. Es prüft seit fast einem Jahr, will aber bald zum Ende kommen. Das Amt kennt freilich den Fall des früheren CDU-Ministers Franz Schuster, der mit Familie in Königswinter bei Bonn sein Thüringer Landtagsmandat dennoch behalten durfte. Auf diese 1997 gefällte Entscheidung des Verfassungsgerichts will Kemmerich sich notfalls berufen.

03.02.2011 OTZ, Volkhard Paczulla